Die Cloud als KI-Sprungbrett

Der aktuelle Mangel an GPUs muss Unternehmen mit KI-Ambitionen nicht ausbremsen – KI aus der Cloud erweist sich als kurzfristig verfügbare Alternative und macht KI-Ressourcen einem breiteren Markt zugänglich

Künstliche Intelligenz ist auf dem Vormarsch. Für die Entwicklung neuer praxistauglicher KI-Anwendungen sowie das Training und den Betrieb von KI-Modellen sind besonders leistungsfähige GPUs, also Grafikprozessoren, erforderlich. Diese waren ursprünglich vor allem für kreative Anwendungen und Gaming-PCs gedacht. GPUs waren immer schon teuer – bis zu Beginn des KI-Booms. Heute sind sie noch teurer, wenn überhaupt verfügbar, denn die Nachfrage ist kaum noch zu bedienen. Der anhaltende GPU-Engpass muss aber nicht zwangsläufig aufstrebende Startups und etablierte Unternehmen mit KI-Ambitionen ausbremsen. Bei der Umsetzung von KI-Anwendungsfällen können KI-Ressourcen aus der Cloud Unternehmen auf effiziente Weise unterstützen. 

„KI-Power“ aus der Cloud

Da KI-Initiativen häufig auf Projektbasis umgesetzt werden, ist es wirtschaftlich sinnvoller, bedarfsgerecht maßgeschneiderte „KI-Power“ aus der Cloud zu nutzen, als Millionen für den Kauf einer eigenen KI-Hardware-Infrastruktur auszugeben. Neben den mangelnden und zudem kostenintensiven GPUs sind fehlende Ressourcen im Rechenzentrum weitere Hürden für groß angelegte KI-Initiativen. Der Ausbau von Rechenzentren erfordert Platz, die gestiegenen Energiepreise setzen den Budgets Grenzen und die Kühlung erfordert Wasser oder noch mehr Strom.

KI-Ressourcen aus der Cloud sollen künftig viele KI-Anwendungsfälle unterstützen. Die Big Player im Public-Cloud-Markt bieten bereits KI-Dienste, die den Kundenanforderungen in unterschiedlicher Weise und in unterschiedlichem Grad gerecht werden. Zugleich agieren immer mehr kleinere, spezialisierte Anbieter erfolgreich im Markt für „KI-Clouds“ oder „GPU-Clouds“, um das Geschäft nicht nur der Big-Player-Liga zu überlassen. Die Cloud ermöglicht es somit, die KI-Nutzung zu „demokratisieren“, indem möglichst viele Unternehmen Zugang zu maßgeschneiderten KI-Ressourcen erhalten. Das Ziel immer mehr Unternehmen ist es schließlich, mittels KI wertvolle Erkenntnisse zu gewinnen oder Geschäftsprozesse effizienter zu steuern.

Wie kann KI aus der Cloud aussehen?

KI beherrscht das Thema und die Cloud-Nutzung liegt generell nach wie vor im Trend. Eine europaweite AWS-Studie belegt, dass in deutschen Unternehmen zunehmend auf die Cloud und jetzt auch KI setzen. So hatten 2023 bereits 36 Prozent der deutschen Unternehmen KI im Einsatz, gegenüber 28 Prozent im Jahr 2022. AWS sieht darin bereits eine „100-Milliarden-Chance“ für Deutschland. Sollte sich dieser Trend in gleichem Tempo fortsetzen, dann könnte KI bis 2030 zu einer zusätzlichen Bruttowertschöpfung von 116 Milliarden Euro in Deutschland beitragen.

Wie jedoch kann das Zusammenspiel von Cloud und KI oder eben eine „KI-Cloud“ aussehen? Eine aktuelle Fraunhofer-Studie definiert cloudbasierte KI-Plattformen als Machine-Learning-as-a-Service-Lösungen (MLaaS), die es Unternehmen ermöglichen, Dienstleistungen, die für die Benutzung von Machine Learning notwendig oder sinnvoll sind, bei Bedarf zu mieten. MLaaS-Lösungen stellen den Endnutzern Datenspeicher, Rechenkapazität, Algorithmen, Schnittstellen etc. über die Cloud zur Verfügung. Unternehmen, die ML-Workloads ausführen wollen, müssen weder lokal Software installieren noch Server oder andere IT-Ressourcen betreiben. Die Endnutzer können in der Regel zeitlich uneingeschränkt auf die Ressourcen des Dienstes zugreifen.

Ein Thema innerhalb des allgemeinen KI-Booms ist generative KI, eine KI-Technologie, die verschiedene Arten von Inhalten erzeugen kann, darunter Text, Bilder, Audio und synthetische Daten. Der Hype und die Medienresonanz beim Start von ChatGPT hat gezeigt, wie bahnbrechend diese Technologie ist. Die Einfachheit neuer Benutzeroberflächen macht es möglich, eine generative KI-Anwendung für die breite Masse anzubieten, die auch komplexere Fragen innerhalb weniger Sekunden umfassend beantwortet. Laut einer Studie von Deloitte erwarten 91 Prozent der deutschen Unternehmen durch den verbreiteten Einsatz von generativer KI eine Produktivitätssteigerung. Nur rund ein Viertel der Befragten sieht ihr Unternehmen jedoch auf die Einführung von generativer KI strategisch gut oder sehr gut vorbereitet. Dies zeigt auch, dass es vielerorts noch Nachholbedarf gibt, um die erstrebte KI-Reife zu erlangen.

Zugang zu KI-Ressourcen vereinfachen

Die Cloud wird hierbei immer wichtiger als flexible und kosteneffiziente Basis für KI-Ressourcen, auch für Unternehmen, die sich eigentlich den Aufbau einer eigenen KI-Infrastruktur zum Ziel gesetzt haben. Mit KI-Ressourcen aus der Cloud lassen sich die monatelangen Lieferzeiten für GPUs zu überbrücken. Die zu überschaubaren Kosten gemietete KI-Leistung kann sich in diesem schnelllebigen Umfeld auszahlen – vor allem gegenüber dem Szenario, technologisch abgehängt zu werden. In einem halben oder auch einem Jahr kann viel passieren, wie der rasante Aufstieg generativer KI zeigt.

Sinnvoll ist es daher auch, den Prozess der Vermietung von KI-fähigen Ressourcen einfacher zu gestalten, damit die Betreiber entsprechend ausgestatteter Rechenzentren kurzfristig als KI-Cloud-Anbieter einsteigen können. Dies würde die Preise für KI-Ressourcen senken, und mehr Forschungseinrichtungen und Unternehmen die Chance eröffnen, strategisch wichtige KI-Projekte zu starten. Der aktuelle Chip-Mangel muss die KI-Ambitionen von Unternehmen daher nicht zwangsläufig ausbremsen, wie derzeit befürchtet.

Autor: 

Sven Breuner ist Field CTO International beim HPC-Speicherunternehmen VAST Data.

Zuvor leitete mehrere Jahre das Fraunhofer BeeGFS-Entwicklungsteam und dessen Einführung in HPC-Zentren auf der ganzen Welt und war Mitbegründer und CEO von ThinkParQ, einem Fraunhofer-Spin-off-Unternehmen mit Sitz in Deutschland, das speziell gegründet wurde, um die Weiterentwicklung von BeeGFS voranzutreiben und professionelle Dienstleistungen anzubieten.

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