Die Rolle der KI in der Umsetzung der EU-Taxonomie und CSRD für Unternehmen

Wie kann Künstliche Intelligenz (KI) eine agile und effiziente Umsetzung der EU-Taxonomie und der CSRD fördern.

Von Dr. Hans-Peter Güllich (*)

Die im Juli 2020 in Kraft getretene EU-Taxonomie-Verordnung hat zum Ziel, Finanzierungen in ökologisch nachhaltige Aktivitäten zu lenken. Die Verordnung definiert prüfbare Kriterien, was unter ökologisch nachhaltig näher zu verstehen ist. Dazu gehören neben gesetzlichen Vorgaben vor allem auch definierte Grenzwerte wie zum Beispiel maximale CO2 -Emissionen, die pro Wirtschaftsaktivität festgelegt sind.

Diese regulatorischen Vorgaben sind hierbei auf insgesamt sechs definierte Klimaziele ausgerichtet: (1) Klimaschutz, (2) Anpassung an den Klimawandel, (3) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeres-Ressourcen, (4) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, (5) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung sowie (6) Schutz und Wiederherstellung der Biodiversität und der Ökosysteme.

Die EU-Taxonomie definiert folgende übergreifende Bedingungen, die eine Wirtschaftstätigkeit erfüllen muss, um als ökologisch nachhaltig zu gelten, und zwar: (1) einen wesentlichen Beitrag zu einem oder mehreren der Umweltziele zu leisten; (2) keinem der anderen Umweltziele signifikanten Schaden zufügen (DNSH); (3) unter Einhaltung des sozialen Mindestschutzes für Arbeitssicherheit und Menschenrechte („minimum safeguards“) ausgeübt werden.

Diese Anforderungen werden durch detaillierte technische Bewertungskriterien konkretisiert, die erfüllt werden müssen damit eine wirtschaftliche Tätigkeit als ökologisch nachhaltig eingestuft werden kann.

Die EU-Taxonomie-Verordnung zielt auf einzelne wirtschaftliche Tätigkeiten von Unternehmen und nicht auf ein Unternehmen als Ganzes ab. Dies bringt den Vorteil mit sich, dass Unternehmen schrittweise einzelne Unternehmensbereiche anpassen können.

Damit Unternehmen angemessen mit der EU-Taxonomie umgehen können, ist es vorteilhaft u.a. auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Lösungsansätze zu nutzen, da eine Bearbeitung der komplexen Anforderungen mittels Excel oder vergleichbaren Ansätzen nicht zielführend ist. Dank der Künstlichen Intelligenz kann die Komplexität der EU-Taxonomie enorm vereinfacht und somit beherrschbar werden, und man kann einen guten Grad an Automatisierung der Prozesse erreichen.

Digitalisierung und Automatisierung der EU-Taxonomie für Unternehmen

Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz an die EU-Taxonomie gehört zum Bereich des RegTech, also jenen Technologien, die eine höhere Agilität und Geschwindigkeit bei der Bewältigung regulatorischer Anforderungen ermöglichen. Entsprechende IT-Lösungen bei dieser Zielsetzung kümmern sich um die Digitalisierung und Automatisierung der EU-Taxonomie-Verordnung. Ein erster Schritt besteht darin, die Komplexität von Regulierungen in logische Entscheidungsbäume zu übersetzten, die zum Beispiel eine einfache Bearbeitung und Bewertung sowohl für Bankangestellte während des Kreditantragsprozesses als auch für Unternehmen bei der Eigen-Bewertung hinsichtlich der EU-Taxonomie ermöglichen.

Außerdem muss man auf der einen Seite die Problematik des Datenmangels überwinden, wie es oft bei KMUs der Fall ist, indem zum Beispiel entsprechende KI-Modelle zur Berechnung der Kohlenstoffemissionen eingeführt werden, und auf der anderen Seite kann das Problem der massiven Datenbearbeitung und Informationserhebung besonders gut mittels KI-Lösungen automatisiert werden.

Zum Beispiel können mittels entsprechend trainierten KI-Modellen, z.B. Natural Language Processing (NLP), relevante Texte, Informationen und Daten innerhalb verfügbarer Dokumente (zum Beispiel Energieausweise für Gebäude, Nachhaltigkeitsberichte, etc.), erfasst und erhoben werden, um hierdurch die Fragen oder Anforderungen einer Regulierung automatisch zu beantworten.

Nachhaltigkeitsreporting bei Unternehmen nach der CSRD

Die EU-Taxonomie-Verordnung ist nicht die einzige Herausforderung für Unternehmen, denn auch das Nachhaltigkeitsreporting, wird an Komplexität zunehmen. Dies im Besonderen mit der neu eingeführten CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) Regulierung.

Die CSRD ist eine verbesserte und strengere Version der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung (NFRD – Non Financial Reporting Directive). Unternehmen, die in den Geltungsbereich der CSRD fallen, müssen über eine ganze Reihe von Nachhaltigkeitsaspekten berichten, die für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens relevant sind. 

Die Nachhaltigkeitsinformationen umfassen hierbei sowohl ökologische und soziale als auch Governance-Faktoren.  

Die Umsetzung der CSRD wird sich beginnend mit dem Jahr 2024 von Jahr zu Jahr schrittweise auf verschiedene Kategorien von Unternehmen auswirken. Für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2024 betrifft die CSRD Unternehmen von öffentlichem Interesse mit mehr als 500 Mitarbeiter*innen, die bereits dem NFRD unterliegen. Im Jahr darauf, folgen aber auch schon die Unternehmen die mindestens 2 dieser Kriterien erfüllen: Bilanzsumme von 20 Mio. EUR, Nettoumsatz von 40 Mio. EUR oder 250 Beschäftigte. Für Geschäftsjahre beginnend ab dem 1. Januar 2026 wird die CSRD sogar kapitalmarktorientierte KMU betreffen.

IT-Tools legen die Basis für das Nachhaltigkeitsreporting

Diese angeführten Maßnahmen werden die Realität des Nachhaltigkeitsreportings stark verändern in Hinsicht einer verbesserten Transparenz und Offenlegung des tatsächlichen Levels an Nachhaltigkeit von Unternehmen (CSRD) und von Finanzprodukten mit der Umsetzung der EU-Taxonomie. 

Auf Grund der erforderlichen Komplexität in der Regulierung, ist es eine grosse Herausforderung, den Überblick über all diese Regeln, Anforderungen und Vorschriften zu behalten. Ohne die richtigen Partner und technologischen Hilfsmittel wird die Einhaltung der Vorschriften immer komplexer sowie zeit-und kostenintensiver. 

KI kann Unternehmen im Nachhaltigkeitsreporting auf verschiedene Weise erheblich unterstützen, indem sie die damit verbundenen komplizierten Compliance-Verpflichtungen deutlich rationalisiert und vereinfacht – zum Beispiel durch die Automatisierung der Datenanalyse, die Optimierung der Ressourceneffizienz, die Bewertung von Klimarisiken und die Unterstützung der Entscheidungsfindung.

Die Unternehmen haben dank der KI die Möglichkeit, EU-Taxonomie und CSRD effektiv zu steuern und einen entscheidenden Beitrag zu einer nachhaltigeren und klimaresilienten Zukunft zu leisten.

(*) Dr. Hans-Peter Güllich ist Gründer und Geschäftsführer von Dydon AI, einem Schweizer Startup mit Schwerpunkt auf KI-Lösungen für Sustainable Finance, insbesondere für die EU Taxonomie Bewertung mit ihrem Taxo Tool.

Über den  Autor:

Dr. Hans-Peter Güllich ist Gründer und Geschäftsführer von Dydon AI, einem Schweizer Startup mit Schwerpunkt auf KI-Lösungen für Sustainable Finance, insbesondere für die EU Taxonomie Bewertung mit ihrem Taxo Tool.

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