KI: Gamechanger in der Werbebranche?

ChatGPT, Midjourney AI, DALL-E: Seit Ende 2022 erleben wir einen beispiellosen Aufstieg von KI-Lösungen. Auch im Bereich der Werbung kommen KI-basierte Tools immer häufiger zum Einsatz. Dies markiert den Beginn eines fundamentalen Wandels in der gesamten Branche. Doch wohin wird uns dieser Weg führen? Und welche Rolle spielen menschliche Stärken in Zukunft?

Insbesondere die generative KI erzielt exponentielle Fortschritte

Künstliche Intelligenz ist in der Werbebranche nicht unbedingt ein Novum. Bereits seit einigen Jahren kommen KI-Technologien in der Branche zur Anwendung. Im Schwerpunkt wurden sie bislang dafür verwendet, große Mengen von Daten zu analysieren, um das Verhalten von Kunden und Interessenten besser zu verstehen, Angebote zu personalisieren, bestimmte Prozesse im Kundenservice zu automatisieren (Stichwort Chatbots) und das Kundenerlebnis insgesamt zu optimieren.

KI für die Erstellung von neuen Inhalten wie Texte, Bilder, Videos und Musik zu nutzen, war bis vor Kurzem jedoch eher eine Randerscheinung. Denn wirklich beeindruckende Ergebnisse konnten die vorhandenen Tools noch nicht liefern. Doch um den Jahreswechsel 2022/2023 änderte sich die Situation. KI-Lösungen, die Content durch Befehlseingabe eigenständig erstellen (sogenannte „Generative AI“), erreichten plötzlich eine nie da gewesene Leistungsfähigkeit. Zu textgenerierenden Werkzeugen wie ChatGPT gesellten sich binnen kurzer Zeit Bildgeneratoren wie Midjourney AI oder DALL-E. Schnell begannen die ersten Unternehmen der Werbe- und Kreativindustrie mit ihren Experimenten. Heute scheint bereits klar zu sein, dass dies den Beginn eines grundlegenden Transformationsprozesses für die gesamte Branche markierte.

Diese Bereiche wird KI besonders beeinflussen

Es ist abzusehen, dass die enorme Transformationskraft Künstlicher Intelligenz schon bald jede Phase der Werbung beeinflussen wird – vom Brainstorming über die Konzeption bis hin zur Umsetzung einer Kampagne. Hierdurch verändern sich mehrere Kernaufgaben des Marketings, darunter insbesondere die Recherche und kreative Ideenfindung, die Erstellung von Prototypen, die Generierung neuer Inhalte und die Optimierung von vorhandenem Content. Doch der Reihe nach.

Beginnen wir am Anfang des Kreativprozesses. Bereits an dieser Stelle können KI-Tools eine wertvolle Unterstützung darstellen. Hier liefern generative Lösungen beispielsweise eine Auswahl an Texten, Bildern oder Logo-Varianten, die als Ausgangspunkt und Diskussionsgrundlage dienen. Mit den erstellten Inhalten können Kreativ- und Marketingteams dann unterschiedlich verfahren.

Eine Möglichkeit besteht darin, den KI-generierten Content mit menschlicher Expertise weiterzuentwickeln. Diese Aufgabe kann jedoch auch die Künstliche Intelligenz übernehmen, indem wir ihr mitteilen, wie sie einen bestimmten Inhalt weiter verfeinern soll. So ist es möglich, den Text, das Bild oder einen anderen Inhalt schrittweise zu optimieren, sodass er am Ende in hohem Maße zu den Werten und der Persönlichkeit einer Marke passt. 

Eine andere Option besteht darin, den Verfeinerungsprozess zu verkürzen oder gar komplett entfallen zu lassen. In diesem Fall kann einer der ersten KI-Entwürfe direkt als Prototyp verwendet werden, um den Content zunächst zu testen und ihn erst später weiter zu verfeinern. Überdies gibt es sogar prominente Beispiele von Inhalten, die ohne weitere Optimierungen und Anpassungen sofort publiziert wurden. So etwa ein Cover das Magazins Cosmopolitan, das in 20 Sekunden von DALL-E generiert wurde.

Prompts beherrschen: ein zunehmend gefragter Skill

Unabhängig von den Feinheiten im Prozess ist klar, dass sich die Herangehensweise bei der Konzeption und Erstellung von Werbeinhalten durch KI grundlegend wandeln wird. Früher waren es Tools wie Google-Suchen, Moodboards, Marktstudien, Hintergrund-Recherchen und Bildbearbeitungssoftware, die zum Handwerkszeug von Marketing-Teams gehörten. Diese rücken nun in den Hintergrund – und zwar zugunsten von Prompts.

Es handelt sich dabei um die Eingaben (Befehle und Fragen), mit denen ein KI-Modell „bedient“ wird. Die Kunst liegt darin, diese Prompts richtig zu formulieren. Die Grundregel lautet dabei: Nicht die Antwort (das Ergebnis) vorwegnehmen, sondern die richtige Frage stellen.

Es ist zu empfehlen, sich schon heute eingehend mit der Kunst der „Prompt-Formulierung“ auseinanderzusetzen, zu üben und zu verstehen, wie die KI-Tools funktionieren. Denn wer KI beherrscht, könnte künftig die Nase vorn haben. Hintergrund ist vor allen Dingen die erhebliche Effizienzsteigerung, die sich mit KI-Lösungen erreichen lässt. Dies beginnt bereits bei der Recherche und Vorarbeit, die sich deutlich verkürzt.

Weiterhin können Medienschaffende, Marketing-Teams und Markendesigner mithilfe der neuen Werkzeuge binnen kürzester Zeit unzählige Vorschläge und Entwürfe für benötigten Content erhalten. Diese neue Form der Inspiration wird sie wiederum dazu motivieren, unterschiedliche Stile zu kombinieren und auszuprobieren. Dadurch entstehen neue, wertvolle Logos, digitale Inhalte für Kampagnen oder gar komplette Retail-Designs, die rein durch die menschliche Kreativität Einzelner nicht realisierbar sind.

Ausblick: Wo bleibt der Mensch?

Insgesamt bleibt festzuhalten: Künstliche Intelligenz wird erhebliche Veränderungen in der Werbebranche bewirken. Hierfür müssen zunächst noch einige offene Fragen geklärt werden, etwa zum Datenschutz und auch zum Urheberrecht. Doch diese Hürden sind überwindbar. Danach wird KI ihr Potenzial voll entfalten können. Sie wird einerseits frischen Wind und Inspiration mit sich bringen, andererseits eine erhebliche Zeitersparnis bewirken. Die hierdurch frei werdenden Ressourcen können Kreativ-Teams dann beispielsweise für den Aufbau von Inhalten nutzen, in denen Künstliche Intelligenz (noch) keine zufriedenstellenden Ergebnisse liefert – etwa, weil im Web noch kein ausreichender Original-Content vorhanden ist.

Exakt dies ist übrigens auch die große Schwachstelle von KI: Sie kann zwar Vorhandenes sehr gut nachahmen und auf verschiedene Weise kombinieren, aus kreativ-künstlerischer Sicht jedoch niemals etwas völlig Neues erschaffen. Wird nun sehr viel KI-generierter Content publiziert, könnte schon bald ein unattraktiver „Einheitsbrei“ entstehen, der aus Kopien von Kopien von KI-Inhalten besteht. Spätestens an diesem Punkt wird sich die Werbeindustrie auf die Expertise des Menschen (zurück)besinnen. Es werden dann wieder Faktoren wie ein einzigartiger Schreibstil, eine besondere kreative Vision und der persönliche Touch sein, die Marketinginhalte zum Erfolg führen.

Autorenbeschreibung:

Vladimir Moldovanu, Creative Director, rpc – The Retail Performance Company

Stephan Pauli, Head of Business Development, rpc – The Retail Performance Company.

rpc – The Retail Performance Company ist ein Beratungsunternehmen, das Unternehmen bei vertrieblichen Fragestellungen unterstützt. 

Auf Basis datengestützter Analysen entwickelt rpc strategische Lösungen für die gesamte physische und digitale Vertriebskette, um sie auf ihrem Weg zu einer kundenorientierten Transformation zu begleiten. 

Der Fokus liegt auf der Schaffung nachhaltig inspirierender Kundenerlebnisse für den Aufbau einer langfristigen und wertschöpfenden Beziehung zwischen Marken und Endkunden. rpc ist ein im Jahr 2013 von der BMW Group und der h&z Unternehmensberatung gegründetes Joint Venture mit Hauptsitz in München und ist neben den USA und China mit Niederlassungen in acht europäischen Ländern vertreten.


Titelfoto: Copyright: rpc – the retail company

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